Donnerstag, 28. Februar 2013

Unerwarteter Zuwachs [News]

Wenn ich mich auch mit meinem Monster-SuB abgefunden habe und begonnen habe ihn zu lieben wie er ist, trotz übermäßiger Kilos, hatte ich eigentlich nicht vor ihn zusätzlich zu mästen. Da sich jedoch seit meinem ersten, eigenständigen Lesejahr in der Verwandschaft verbreitet haben dürfte, dass ich eine ausgeprägte Neigung zur Bibliophilie habe, wird mir das bis heute wiederholt zum Verhängnis. Gerade als ich gestern brav lesend an meinem aktuellen Buch in einem schönen Lesesessel verweilte, übergab mir meine Mutter den riesigen Geschenkbeutel, den mir ihre Cousine mitgegeben hatte. Folgenden Inhalt bekommt nun einen geeigneten Platz auf dem Friedhof und wird seufzend in meine SuB-Liste eingetragen:




  • André Brink : Die Nilpferdpeitsche (welch merkwürdiger Titel)
  • Barbara Wood: Himmelsfeuer
  • Andre Mairock: An einem neuen Morgen
  • Nicolas Dickner: Nikolski
  • Silke Gyadu: Nofretetes Hofdame 

Zumindest das hübsche Lesezeichen wird meine Leselebenszeit nicht weiter überfüllen, sondern mich nur durch sie begleiten.

Donnerstag, 21. Februar 2013

Ritus [Rezension]

Begeisterung. Werwölfe lösen bei mir seit jeher eine enorme Begeisterung aus und überholen dabei alle anderen Fabelwesen im Wolfsgalopp. Ganz ähnlich wie beim Rindfleisch momentan, ist aber leider nicht überall wo Werwolf draufsteht, auch Werwolf drin -zumindest nicht immer so wie ich ihn mir vorstelle. Trotzdem greife ich jedesmal gierig zu, wenn das Cover oder der Klappentext eines Buches etwas gefährlich-Wolfpelziges verspricht.

Inhalt:


Frankreich im Jahre 1764: In der Gegend rund um Gévaudan werden unzählige verstümmelte Leichen, vor allem von Frauen und Kindern, gefunden. Ein Großteil der Bevölkerung macht sich auf die Jagd nach einfachen Wölfen. Doch der Wildhüter Jean Chastel und seine beide Söhne, die auf der Jagd von einer weit größeren Kreatur angegriffen werden, begreifen recht schnell welche Bestie die Region wirklich unsicher macht und verfolgen sie auf eigene Faust. Doch auch über 200 Jahre später scheint der Fluch noch ungebrochen und die Mordserie geht weiter.

Mistys Meinung:


Wahrscheinlich war es keine gute Idee von Kafka-Parabeln direkt auf moderne Werwolf-Unterhaltungsliteratur umzusteigen, dabei mutet man sich unweigerlich einen sehr weiten Qualitätssprung zu, den vermutlich nicht einmal ein Werwolf zustande bringen würde. Trotzdem muss ich anmerken, dass ich mich anfangs wirklich in die Formulierungen des Autors hineinquälen musste und auch mein innerer Grammatikwolf heulte vermehrt auf. Das hätte ich schnell verschmerzt, aber besonders die Dialoge waren keinen Deut näher an der Wirklichkeit gebaut als ein Werwolf selbst. Als Beispiel lässt sich dafür der Ausspruch eines Protagonisten, der sich mitten im Kampf mit mehreren Widersachern befindet, zitieren "Flieg bis zu den Pyramiden, Dreckvieh!"*


So dauerte es etwa 100 Seiten, bis ich mich an die etwas plumpe Sprache gewöhnt hatte und sie mich nicht mehr von der Handlung ablenkte. Der Erzählstrang teilt sich in zwei Teile, der Leser begleitet abwechselnd den Wildhüter Jean Chastel in Frankreich um 1764 und den jungen Werwolfsjäger Eric Chastel, seinen Nachfahren, in der heutigen Zeit. An der Handlung in der Vergangenheit fand ich sehr schnell gefallen, da die damalige Umgebung (hauptsächlich Wälder) meiner Meinung nach den besten Schauplatz für blutige Angriffe und Jagden bietet. Zudem waren mir die Protagonisten einfach viel sympathischer, während ich bei Eric nicht nur einmal das Gefühl hatte, dass es sich bei ihm um eine Projektionsfläche für die Lebenswünsche des Autors handelt. Besonders die genaue Beschreibung seines Porsche, seiner weiteren Besitztümer und Leistungen als Liebhaber fand ich weniger relevant für für die eigentliche Handlung.

Abgesehen von diesen Mängeln möchte ich aber die Beschreibung der enthaltenen Werwolfe besonders loben, die genau meinem Geschmack entsprachen. Abgesehen vom Aussehen ist auch ihr maßloses und brutales Verhalten ganz so ausgefallen, wie ich es mir von ihnen erwarte. Der Autor spart auch nicht mit blutigen Details und lässt zudem mehrmals große Spannung aufkommen und überrascht zudem mit einigen unerwarteten Wendungen. Ich denke ich werde mich trotz der Mängel auch an den Folgeband "Sanctus" wagen, da ich selten so gelungen blutrünstige Fabelwesen auf ihrem Beutezug begleiten durfte.

Fazit:


Wer auf ungeschickte Dialoge und unausgefeilte Formulierungen nicht so allergisch reagiert wie der Werwolf aufs Silber findet an diesem Roman sicher sehr schnell gefallen. Allen anderen sei viel Geduld empfohlen um sich trotzdem noch gut an der spannenden Handlung und erfreuen zu können.

*Markus Heitz: Ritus. München: Knaur Taschenbuch 2006, S.41
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Titel: Ritus
Autor: Markus Heitz
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 520 Seiten
Reiheninfo: Band 1 des Zweiteilers (2. Band "Sanctus")

Freitag, 15. Februar 2013

Das Urteil und andere Erzählungen [Rezension]

Zwar wächst mir mein eigener SuB fast schon zum Friedhofstor hinaus, doch konnte ich trotzdem nicht widerstehen auf dem ungelesenen Bücherberg meiner Mutter herum zu klettern, wo ich nach kurzer Zeit überraschenderweise auf zwei Kafka-Bücher stieß. Mhmm Kafka sollte, müsste, wollte, sollte man wollen gelesen zu haben, oder?



Inhalt:


Dieses Buch umfasst neun Erzählungen Kafkas (entstanden zwischen 1912 und 1922), darunter sowohl sehr kurze Werke wie die, gerade mal 2-seitige, Parabel "Vor dem Gesetz", als auch vergleichsweise lange Texte wie die Erzählung "Die Verwandlung". Die jeweiligen Inhalte der Geschichten unterscheiden sich zwar sehr, doch werden in einigen ähnliche Motive, wie die Vater-Sohn-Beziehung oder etwa die Frage nach Gerechtigkeit behandelt.

Mistys Meinung:


Ausgerechnet über ein Buch, das den Titel "Das Urteil" trägt, fällt es mir persönlich ziemlich schwer ein Urteil zu fällen. Bereits in der Schule wurde ich mit einigen -alles andere als leicht verständlichen- Parabeln Kafkas konfrontiert und konnte damals kaum etwas mit ihnen anfangen, besonders "Vor dem Gesetz" sorgte aussschließlich für Verwirrung. Diesmal fiel mir der Zugang um einiges leichter (zeigen drei Jahre Literaturstudium Wirkung oder nur das Alter?) und die meisten Erzählungen aus dem Buch ließen mich beiweitem nicht so ratlos zurück wie damals zu Schulzeiten. Trotzdem war ich immer wieder geneigt das Buch für längere Zeit wegzulegen und begnügte mich bei mancher Seite sehr schnell damit, das darauf Geschriebene nun einmal nicht vollkommen zu durchleuchten.

Inhaltlich und in ihrer Logik schwanken die Geschichten zwischen nüchternen Geschehens-Beobachtungen der Protagonisten und surrealen, albtraumähnlichen Geschehnissen. Erstmals fand dich gerade diese, mitunter grotesken, Wendungen weniger verstörend als vielmehr faszinierend, was jedoch auch daran liegen mag dass mir "schwere" Literatur momentan sehr zusagt. Abgesehen vom meistens recht verworrenen und schwer verständlichen Inhalt ist der Schreibstil jedoch überraschend klar und der Autor bedient sich teilweise sehr realistischer Beschreibungen, die mir sehr gut gefallen haben und definitiv ein sehr hohes Sprachniveau erreichen.

Trotz des neu entdeckten Respekts gegenüber solcher Lektüre möchte ich jedoch hervorherben dass es sehr viel Zeit und Geduld bedarf sich mit ihr anzufreunden und zumindest mich mit einer relativ düsteren Stimmung zurücklässt. Wenn jemand zudem den Wunsch verspürt alle Inhalte zu verstehen ist neben mehrmaligem Lesen auch entsprechende Sekundärliteratur mit Interpretationshilfen zu empfehlen, die diesem Buch leider fehlt. Im Anhang befindet sich lediglich eine kurze biographische Skizze.

Fazit:


Sprachlich extrem hochwertige Lektüre, deren Inhalt jedoch nicht nur sehr anspruchsvoll, sondern auch ziemlich düster ist und vom Leser entsprechend Geduld und eine stabile Stimmungslage verlangt.


Buchzitat:


"Im Ganzen habe ich jedenfalls erreicht, was ich erreichen wollte. Man sage nicht, es wäre der Mühe nicht wert gewesen. Im übrigen will ich keines Menschen Urteil, ich will nur Kenntnisse verbreiten, ich berichte nur, auch Ihnen, hohe Herren von der Akademie, habe ich nur berichtet."*

*Franz Kafka: Das Urteil. Originalfassung. 67. Auflage. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 2006, S. 128
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Titel: Das Urteil
Autor: Franz Kafka
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 180 Seiten

Mittwoch, 13. Februar 2013

Buchgeflatter [News]

Da ich momentan -nicht zuletzt zur Gewissensberuhigung- die Meinung vertrete, dass ein möglichst großer SuB mehr Vorteile als Nachteile mit sich bringt (gute Auswahl bei Leseunentschlossenheit) habe ich für Nachschub auf dem Friedhof gesorgt. Da sowohl Nabu als auch Pilgrim momentan nicht für ein Foto verfügbar sind, musste Baby-Pilgrim die Rolle des Maskottchens übernehmen. Tapfer weiß er/sie/es (?) die neusten Errungenschaften zu präsentieren:



  • Mary Shelley: Frankenstein
Nach "Dracula" und "Das Bildnis des Dorian Gray" will ich auch diesen Weltliteratur-Klassiker gelesen haben.

  • Robert Louis Stevenson: Dr Jekyll and Mr Hyde
Auch für dieses Buch trifft die soeben erwähnte Motivation zu.

  • Markus Heitz: Ritus
Eigentlich habe ich auf einem anderen Blog lediglich das Schlagwort "Werwolf" in einer Rezension dazu entdeckt. Absolut ausreichend für einen Kauf.

  • Albert Sánchez Pinol: Pandora im Kongo
Nachdem mich sein erstes Buch so begeistern konnte (zur Rezension ) wollte ich auch gleich das nächste Buch von diesem Autor in meinem Besitz wissen.

Sonntag, 10. Februar 2013

So bin ich [Zitat]

"»So bin ich und so hat er mich hinzunehmen«, sagte er sich, »ich kann nicht aus mir einen Menschen herausschneiden, der vielleicht für die Freundschaft mit ihm geeigneter wäre, als ich es bin.«"*

*Franz Kafka: Das Urteil. Originalfassung. 67. Auflage. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 2006, S. 11

Samstag, 9. Februar 2013

Im Rausch der Stille [Rezension]

Sehr lange und sehr unentschlossen stand ich bei meiner letzten Bücherwahl vor meinem Regal. Zwar bildet auch mein Stapel ungelesener Bücher beinah ein Rapunzel-Türmchen und doch wollte mich kein Exemplar so richtig locken. Erst nach sehr langer Überlegung zog ich dieses Buch hervor, nicht zuletzt wegen seines geringen Umfangs, und zog mich in eine warme Friedhofsecke zurück um dort den besten Lesegenuss seit langem zu erleben.


Inhalt:


Der namenlose Erzähler fährt als Wetterbeobachter für ein Jahr auf eine völlig abgelegene Insel im Atlantik um sich dort aus Enttäuschung vor der Menschheit zurück zu ziehen. Kurz nach seiner Ankunft wird er jedoch von humanoiden Fischwesen angegriffen, die seinen erhofften Rückzug in einen bitteren Überlebenskampf verwandeln.

Mistys Meinung:


Mit diesem Buch, das ich auf dem Flohmarkt zum Preis von einem Euro erstehen konnte, habe ich mir definitiv einen unerwartet wertvollen Schatz an Land gezogen. Zunächst war ich aufgrund der Inhaltsangabe eher abgeneigt, aus Neugier -da Fischmenschen in einem normalen Roman doch eher selten auftauchen- habe ich mich dann jedoch daran gewagt und war von Anfang an begeistert.

Der Autor versteht es von Beginn an ausgesprochen tiefsinnig an die Charaktere heranzuführen, die sich sehr schnell als komplexe Antihelden entpuppen und dadurch sowohl Spielraum für Identifikation als auch Ablehnung für den Leser bieten. Trotz der ungewöhnlichen Handlung ist die Geschichte durchgehend realistisch und bringt die Protagonisten wiederholt in interessante Konfliktsituationen im Kampf mit den Fischchimären. Vor diesem ungewöhnlichen Hintergrund verknüpft der Autor Themen wie Literatur, Philosophie, Krieg, Sexualität, Liebe und erzeugt dabei geschickt die gerechtfertigte Frage nach der Definition von Menschsein selbst.

Der unerwarte Verlauf der Handlung gibt einerseits eine genaue Richtung der Interpretation vor und lässt dem Leser trotzdem gleichzeitig einiges offen, was mich durchgehend immer wieder sehr zum Nachdenken angeregt hat und mir zum Teil wirklich zu neuen Perspektiven verhelfen konnte, besonders im Bezug auf Toleranz und Menschlichkeit.

Fazit:


Trotz oder gerade wegen des ungewöhnlichen Inhalts ein unerwartet gutes Buch, das ich wärmsten empfehlen kann, sofern der jeweilige Leser bereit ist sich mit den Konflikten des Menschseins auseinander zu setzen. Ich jedenfalls nehme es begeistert in die Reihe meiner Lieblingsbücher auf.

Leseprobe:


"Kann man jemanden vermissen,  über den man nie etwas Gutes sagen könnte? Ja, doch nur auf dem Leuchtturm, wo das Ansehen der Schiffbrüchigen umso größer wurde, je mehr Fehler sie hatten. Auf dem Leuchtturm, wo einem die entfernteste menschliche Natur nahe kam. Batís war für mich ein von Grund aus fremder Mensch gewesen. Er war jedoch auch der letzte Mensch gewesen, den ich je zu Gesicht bekommen würde. Jetzt, wo er nicht mehr da war, traten seine Qualitäten als unerschütterlicher Fels und als Waffenbruder zutage. Unter der Last dieses dermaßen trüben, gleichzeitig aufgeregten und energielosen Kummers, war es mir unmöglich Tod und Wirklichkeit auseinander zu halten."*

*Albert Sanchez Piñol: Im Rausch der Stille.Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 2005, S.231
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Titel: Im Rausch der Stille
Autor: Albert Sanchez Piñol 
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe: 251 Seiten 

Freitag, 8. Februar 2013

Hoffnung und Wirklichkeit [Zitat]

"Alle meine Anstrengungen zielten darauf, nicht an das zu denken, was früher oder später eintreffen musste, mochte es sein, was es wollte. Denn so ist der Mensch in seiner Schwachheit: Er hofft und bringt diese Hoffnung unendlich oft zum Ausdruck, und diese ewige Wiederholung bewirkt, dass der Wunsch mit der Wirklichkeit verwechselt wird."*

*Albert Sánchez Piñol: Im Rausch der Stille. Frankfurt am Main: S.Fischer Verlag 2005, S.211