Mein Lesemagen ist mometan bereits ausreichend gefüllt von den vielen
wissenschaftlichen Texten, die ich für meine Arbeit verschlingen muss.
Insofern bleibt für "schöngeistige" Literatur nicht mehr viel Platz.
Dieses literarische Dessert ließ er sich jedoch trotzdem nicht entgehen
Inhalt:
Ein Jahr ist vergangen, seit es Jacob Reckless gelungen ist seinen Bruder davor zu bewahren ein Goyl zu werden. Dafür trägt Jacob jetzt allerdings den Fluch der Roten Fee auf sich und eine Motte sitzt ihm auf der Brust, die sechsmal zubeißen wird und ihr letzter Biss wird ihm den Tod bringen. Als bester Schatzjäger hinter dem Spiegel hält er es zunächst für leicht ein Gegenmittel zu finden. Doch alle bekannten Heilmittel, die er versucht -den Brunnen der Ewigen Jugend, Flaschengeistblut, der Apfel, der alles heilt- erweisen sich als nutzlos.
Einzig die Armbrust eines schwarzen Hexenmeisters könnte ihn noch retten, doch die Zeit wird knapp und neben seiner Freundin Fuchs macht sich auch einer seiner Konkurrenten auf die Suche nach dem begehrten Schatz.
Mistys Meinung:
Nach dem ersten Reckless-Buch von Cornelia Funke, das ich damals in 8-Stunden-Dauerlesens verschlungen habe, wartete ich natürlich sehnsüchtig auf diesen Folgeband. Doch mit diesem wollte es zunächst so gar nicht funken (man beachte den Wortwitz).
Der bildhafte Schreibstil der Autorin hat mich seit jeher begeistert, doch bereits im ersten Kapitel von "Lebendige Schatte" musste ich mich mehrmals geistig krümmen, aufgrund poetisch gewagter Formulierungen. Seit
Gesa Schwartz reagiere ich nämlich regelrecht allergisch auf sprachliche "Kletterversuche". Aber vermutlich liegt das nicht einzig an der sprachlichen Piraterie, die ich im Gargoyle-Werk überstehen musste, sondern wohl vor allem auch daran, dass man ab einer gewissen Lesephase (um nicht Lesealter zu sagen) andere Ansprüche (an den Inhalt, die Sprache, etc.) stellt. Ebenfalls enttäuscht hat mich die Tatsache, dass die wirklich wunderschönen Illustrationen der Autorin nicht wie im ersten Band auf vielen Seiten innerhalb eines Kapitels zu finden waren, sondern nur jeweils am Kapitelanfang im kleinen, normierten Format.
Ich war schon geneigt das Buch zur Seite zu legen, da fing es mich doch noch ein und ich las wie früher bis spät in die Nacht hinein. Ich kann nicht sagen was mich schließlich doch noch gefesselt hat, ob die Geschichte plötzlich besser wurde, oder ich mich nur wieder an die Sprache gewöhnt habe. Jedenfalls verfolgte ich die Handlung dann gespannt bis zum Schluss und konnte mich gut auf die bekannten Märchenfiguren und Gegenstände konzentrieren, die geschickt in die Geschichte von Jacob Reckless und seiner Gefährtin Fuchs eingeflochten wurden.
Ich habe immer wieder in anderen Rezensionen über den ersten Band der Reckless-Reihe gelesen, dass die Welt, die darin gebaut wird nichts Originelles bietet, zu sehr der Tintenwelt ähnelt und deshalb eine Enttäuschung sei. Es lässt sich nicht leugnen, dass die Autorin wieder auf eine Parallelwelt zugreift, die neben der Üblichen existiert, in der es vor übernatürlichen Wesen und Magie nur so blüht. Aber abgesehen davon, dass dies nunmal ein gut funktionierendes Prinzip ist, das seit jeher bei Urban Fantasy von zahlreichen Autoren verwendet wird weist die Welt hinter dem Spiegel doch einige interessante Neuerungen auf, die die Tintenwelt nicht zu bieten hatte. Allein die unterschiedlichen Zeitalter in denen die Welten angesiedelt sind - Mittelalterliche Umgebung und Zeit der Industrialisierung- zeigt, dass die Autorin etwas Neues versucht. Die Hauptfiguren sind -im Gegensatz zu Meggie, Farid, etc.- alle erwachsen und verhalten sich dementsprechend selbstständiger. Und als roter Faden zieht sich diesmal nicht die Liebe zu Büchern, sondern die Suche nach Schätzen durch die gesamte Geschichte. Ich persönlich finde das neue Konstrukt, auch wenn es zum Teil dem der Tintenwelt ähnelt, sehr gelungen.
Fazit:
Ein holpriger Anfang wenn man sich nichtmehr so für den Schreibstil der Autorin begeistern kann wie früher, doch schließlich trotzdem eine spannende Geschichte, der man eine Chance geben sollte.
Buchzitat:
"Doch schließlich wandte er sich Fuchs zu und musterte sie mit trüben Augen.
»Eine Füchsin, wenn ich mich nicht täusche«, sagte er. »Von Geburt an?«
Fuchs schüttelte den Kopf. »Ich war sieben. Das Fell war ein Geschenk.« Der FirDarrig seufzte mitfühlend. »Oh, das ist nicht leicht«, murmelte er. »Zwei Seelen in einer Brust. Ich hoffe, der Mensch in dir ist am Ende nicht immer stärker. Sie schließen so schwer Frieden mit der Welt.«"*
*Cornelia Funke: Reckless. Lendige Schatten. Hamburg: Dressler Verlag 2012, S.146
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Titel: Reckless (Flüsternde Schatten)
Autorin: Cornelia Funke
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe: 411 Seiten
Reiheninfo: 2. Band der Reckless-Reihe