Mittwoch, 30. Januar 2013

Der Gefangene des Himmels [Halb-Verriss]

Hohe Erwartungen. Sehr hohe Erwartungen hatte ich als ich mir vor wenigen Wochen "Der Gefangene des Himmels" gekauft habe, das neuste Buch eines Autors, der mit "Der Schatten des Windes" schlichtweg mein Lieblingsbuch geschrieben hat, das ich nicht nur auf Deutsch, Englisch und Französisch gelesen habe, sondern dessen bekanntester Schauplatz auch als Namensgeber für meinen Blog diente. Meine Begeisterung für diesen Schreibmeister kannte bisher keine Grenzen, auch den Nachfolgeband "Das Spiel des Engels" habe ich noch begeistert verschlungen, aber mit diesem Band gelang es ihm meinen Glauben an die gute Literatur zu erschüttern.



Inhalt:


Ehrlich gesagt fällt es mir allein schon schwer eine Inhaltszusammenfassung zu erstellen, da mir trotz der 400 Seiten selbst nicht ganz klar ist, was jetzt eigentlich genau den Inhalt dieses Buches ausmachen soll. Auch der Klappentext auf der Rückseite hält sich in 8 von 10 Zeilen damit auf den bisherigen Erfolg des Autors zu preisen, anstatt sich dem Inhalt des aktuellen Buches zu widmen.

Als Versuch: Schauplatz ist abermals Barcelona, ungefähr zwei Jahre nach den Ereignissen aus "Der Schatten des Windes" leben Daniel und Bea, mittlerweile seine Frau, über der Buchhandlung seines Vaters und führen ein glückliches Leben, bis an einem Wintertag plötzlich ein bedrohlicher, älterer Herr in der Buchhandlung auftaucht und nach Fermìn, dem besten Freund Daniels fragt. Schnell stellt sich heraus, dass er in mit der dunklen Vergangenheit Fermìns zu tun hat, die Daniel nun zu erfragen beginnt, um zu erkennen dass sie auch seine eigene Zukunft beeinflussen könnte.

Mistys Meinung:


Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung was genau Carlos Ruiz Zafón beim Schreiben dieses Buches durch den Kopf geschwirrt ist, aber die Muse war es garantiert nicht. Die Geschichte beginnt ziemlich platt und langweilig im Alltagsleben von Daniel und Bea und deren ungefähr einjährigem Sohn Julian. Dieser Teil bildet Gott sei Dank nur die Einleitung für die Erzählung von Fermìns frührem Leben. Allerdings ist mir nicht ganz klar, warum der Autor diese Einleitung auf fast 100 Seiten streckt, obwohl man das Gefühl hat, dass ihn seine eigenen Figuren, mittlerweile nach ihrem großen Abenteuer, selbst nicht mehr interessieren. Auch Stephenie Meyer muss erkannt haben, dass nach ihrem vierten Band in dem Bella und Edward heiraten und ihre Tochter Renesmee kriegen konnten, einfach Zeit ist die Schreibmaschine in den Schrank zu räumen, da Renesmees erste Regelblutung nunmal keinen epischen Stoff für ein weiteres Buch mehr hergeben wird. Aber gerade einer der größten spanischen Schriftsteller lässt einem in diesem Buch auf einmal am Windelriechen teilhaben. Was zum....

Abgesehen vom Inhalt nimmt auch der, in den vorigen Büchern so hochwertige Schreibstil eine sehr steile Kurve nach unten, in dem der Autor gerade in den ersten Kapitel übertrieben humorvolle Beschreibungen zu verwenden versucht, die nicht nur unpassend sind, sondern für mich auch der poetischen Athmosphäre, die sich in den früheren Büchern ausbreiten konnte, von Anfang an die Luft abschnüren. Die merkwürdigen Satzkonstrunktionen haben mich so überrascht, dass ich sogar nachgesehen habe, ob dieses Werk denselben Übersetzer hatte, oder der Verlag nicht stattdessen vielleicht irgendeinen viertklassigen Spanischstudenten auf einer Tombola gewonnen hat. Doch es handelt sich tatsächlich um denselben Herrn, insofern muss ich annehmen, dass diese merkwürdigen Wortaneinanderreihungen in der Originalsprache getätigt wurden, wobei sich natürlich noch hoffen lässt dass ein betrunkener Praktikant möglicherweise...


Die Erzählung von Fermìns früherem Leben jedenfalls zeigt sich als etwas gelungener als die Einleitung, kann jedoch den vorangegangen Teil nicht entsprechend aufwerten und kehrt sehr bald wieder in die Gegenwart des Buches zurück, ohne dass sich daraus stimmige oder gar spannende Ereignisse ergeben würden, ebenso wenig wie ein Ende. Das gesamte Buch stellt damit eine ungenügende Überleitung zum nächsten Band dar, den ich nur lesen werde, wenn Zafón mir höchstpersönlich schwört, dass er jegliche Praktikanten zu Gefangenen seines Kellerhimmels macht, solange er an seinem Manuskript arbeitet.

Fazit:


Ein sehr seltsames Geschichtenkonstrukt, dass weder mit seinem Inhalt noch seiner Sprache an die vorigen Werke heranreicht und allein die Hoffnung zulässt, dass der Folgeband wieder mit dem ganzen Können des Autors geschrieben wird.

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Titel: Der Gefangene des Himmels
Autor: Carlos Ruiz Zafón
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe: 404 Seiten
Reiheninfo: 3. Band der Tetralogie um den Friedhof der Vergessenen Bücher

Sonntag, 27. Januar 2013

Malina [Rezension]

Da sich meine Laune in letzter Zeit eher in den unteren Stockwerken aufgehalten hat, stand ich neulich -da ich beschlossen hatte trotzdem wieder zu lesen- vor meinem Regal und konnte tatsächlich kein Buch finden, das ich vom Inhalt her als schwermütig genug empfunden hätte um es lesen zu wollen. Nach einem kurzen gedanklichen Abruf meiner bisherigen Studienlektüre entschloss ich mich stattdessen für Bachmann und fuhr am Abend extra noch kurz in die Bibliothek um mir "Malina" nach Hause zu holen.

Inhalt:


Zentrum der Handlung bildet die Ich-Erzählerin, die ihren Namen nicht nennt und von ihrem Leben als Schriftstellerin in Wien erzählt. Aus ihren Monologen, Dialogen mit anderen und Briefentwürfen erfährt der Leser langsam von ihrer Situation zwischen zwei Männern, die beide großen Einfluss auf sie nehmen. Einerseits wohnt sie mit dem gefassten Intellektuellen Malina zusammen, von dem man (zumindest zu Beginn) den Eindruck bekommt, dass er ihren Rückhalt bildet, ihr jedoch keine wahre Zuneigung geben kann. Andererseits trifft sie sich mit dem jungen Arbeiter Ivan, der ihre Existenz zu beleben scheint, jedoch ihre tieferen Gefühle nicht erwidern möchte.

Mistys Meinung:


Mit "Malina" habe ich bereits den zweiten Band des "Todesarten-Projekts" von Ingeborg Bachmann gelesen, das sich aus drei Büchern zusammen setzen hätte sollen ( die sie aber vor ihrem Tod nicht mehr fertig stellen konnte). In seinem Ablauf ähnelt "Malina" sehr stark dem Fragment "Der Fall Franza", das ich zuvor gelesen habe. Die Frauenhauptfigur scheint zunächst zwar psychisch angeschlagen, trotzdem schöpft man als Leser noch Hoffnung bezüglich ihrer Regeneration, trotz ihrer schwierigen Situation. Langsam wird aber die Problematik der Mann-Frau-Beziehung immer deutlicher und die Situation der Frau verschlechtert sich dadurch immer weiter.

Die Dominanz der beiden Männer gegenüber der Ich-Erzählerin wird erst im späteren Verlauf der Handlung wirklich deutlich, zuvor erscheint es noch als würden sie versuchen ihr alle Freiheiten lassen zu wollen. Die Protagonistin stellt sich jedoch auch von Anfang an ganz auf die beiden ein, lebt deren Vorstellungen entsprechend und widerspricht nie. Als Leserin hatte ich so einerseits großes Verständnis für ihr Verhalten, das sehr darauf ausgerichtet war zu gefallen, andererseits ärgerte mich ihre Unfähigkeit sich zu wehren.

Ein solcher Zwiespalt entstand für mich in vielen Bereichen des Buches, einerseits gefielen mir Reflektionen der Protagonistin sehr und ich fand viele  gelungene Worte für traurige Situationen, andererseits waren mir einige Überlegungen (trotz Rücksicht auf den psychischen Zustand) übertrieben schwermütig und ängstlich. In Summe schätze ich jedoch die Sprache und Beschreibung Bachmanns sehr, die meiner Meinung nach eine sehr gute Mischung zwischen Klarheit und Bildkraft entstehen lassen und auch in diesem Werk wieder hervortreten. Einzig durch den Abschnitt im Buch, in dem die Erzählerin aussschließlich ihre Alpträume aufzeichnet, die alle die Misshandlung durch den Vater zum Gegenstand haben, musste ich mich wegen seiner Heftikeit durchquälen.

Fazit:


Besonders sprachlich ein herausragendes Werk, das in nachvollziehbarer Abfolge den Untergang einer Frau in der Gesellschaft beschreibt, bei dem jedoch jeder Leser selbst entscheiden sollte wieweit er sich auf die seelischen Zustände der Protagonistin einlassen möchte.

Buchzitat:


"Ich: [...] Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie. Ich lebe schon zu frühesten Zeiten, als wärs seit jeher, mit dir, immer gleichzeitig mit heute, passiv, ohne etwas anzugreifen, etwas heraufzurufen. Ich lasse mich nur mehr leben. [...]
Malina: Was ist Leben?
Ich: Es ist das, was man nicht leben kann."*

*Ingeborg Bachmann: Malina. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1971, S.307
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Titel: Malina
Autorin: Ingeborg Bachmann
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe: 355 Seiten
Reiheninfo: 1. Band des Todesarten-Projekts

Samstag, 26. Januar 2013

Erkenntnis des Schmerzes [Zitat]

"Die erste Erkenntnis des Schmerzes. Mit den Händen an den Riemen der Schultasche und ohne zu weinen und mit gleichmäßigen Schritten ist jemand, der einmal ich war, den Schulweg nach Hause getrottet, dieses eine Mal ohne die Staketen des Zauns am Wegrand  abzuzählen, zum ersten mal unter die Menschen gefallen, und manchmal weiß man also doch, wann es angefangen hat, wie und wo, und welche Tränen zu weinen gewesen wären."*

Ingeborg Bachmann: Malina. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1971, S.30

Mittwoch, 16. Januar 2013

Winterpause einer Wärterin [News]

Ich bin noch am Leben und ich bin wieder auf den Friedhof der Vergessenen Bücher zurück gekehrt, der jetzt über einen Monat lang still geblieben ist. Erfreulicherweise nicht ganz verlassen, da die Statistik weiterhin Besuche vermerkt hat. Jetzt bin auch ich wieder hier eingetroffen und muss vermerken, dass ich während des letzten Monats eigentlich schon gerne gebloggt hätte, sich dabei jedoch die Spezifikation auf Bücher als Problem erwiesen hat.Wenn mich das Leben zu sehr ins Chaos stürzt beziehungsweise ich selbst das Leben ins Choas stürze fehlt mir nämlich meistens die Ruhe fürs Lesen und wenn ich nicht lese fehlt mir die Ruhe für Bücher...und ohne Bücher...offensichtlich kein Bücherblog.

Ich hätte mir zwar wohl in einem Eintrag traurig vermerken können "Hallo, ich lese nicht!", habe aber stattdessen den Zeitpunkt abgewartet an dem ich glorreich posten kann "Hallo, ich lese wieder!". Also, ich bin wieder hier und ich lese wieder!

Nabu gibt es übrigens auch noch und als Beweis hier gleich ein Foto, auf derm er das einzige Buch, welches ich im letzten Monat erstanden habe, bewachen darf. Wer würde sich besser eignen um die Wiederaufnahme des Bloggens anzukündigen als Carlos Ruiz Zafón, der diesem Blog den Namen geben konnte (also genau genommen habe ja ich den Namen gegegeben, weil ich ihn aus einem seiner Bücher geklaut habe, aber der Satz vor der Klammer hört sich nunmal schöner an)?!