Viele Buchblogger und andere emsige Leser träumen davon ihr Hobby zum Beruf zu machen. Natürlich gibt es einige Berufe, in denen man sich direkt mit Büchern beschäftigt, aber ich möchte heute konkret einmal über meinen eigenen Job sprechen. Deswegen führt euch dieser Post mitten in die Welt des Buchhandels, denn ich habe vor über drei Jahren meinen beruflichen Weg in dieser Richtung eingeschlagen.
Der Traum vom Buchhandel
Kaum ein leidenschaftlicher Leser hat nicht schon einmal mit dem Gedanken gespielt seine Tage in einer kleinen, urigen Buchhandlung auf einem Lesesessel zu verbringen und in den Lesepausen Gespräche über Geheimtipps mit Stammkunden zu führen. Dass diese Vorstellung viel zu romantisch ist und wenig mit dem wirklichen Arbeitsbereich zu tun hat, dürfte den meisten klar sein, aber ich erzähle heute gerne einmal im Detail wie so ein Arbeitsalltag denn nun wirklich aussieht.
Gleich vorneweg möchte ich ein Wort betonen, dass bei Leuten, die mit diesem Beruf liebäugeln gerne einmal vergessen wird. Es folgt nämlich direkt auf das allseits beliebte Wort "Buch" und ist fast genauso relevant, wenn nicht sogar noch weit wichtiger. Es handelt sich um den "Handel". Auch ein Buchhändler ist in erster Linie ein Verkäufer und dazu braucht man neben dem Fachwissen über die Ware natürlich auch die üblichen Soft Skills. Es hilft wenig, wenn man in seiner Freizeit Bücher en masse verschlingt, aber nicht gerne auf Leute zugeht um sie in Gespräche zu verwickeln, damit man schnell ihre Buchwünsche erfassen kann. Dabei ist es natürlich ideal wenn man nicht nur das neue Lieblingsbuch der Kunden findet, sondern dazu anregt gleich noch ein paar andere tolle Autoren zu versuchen. Man sollte wirklich gerne mit Menschen allen Alters zusammen sein, denn davon sieht man jeden Tag fast ebenso viele wie Bücher.
Eine angeborene oder in meinem Falle erarbeitete Geduld ist dabei selbstredend. Neben den Beratungsgesprächen, die sowohl für mich als Buchhändler als auch für den Kunden sehr spannend ausfallen können, passiert es schonmal, dass ich zehnmal hintereinander jemanden erklären muss wie man den Ereader mit dem WLAN verbindet. Wenn man aber die Freude schon alleine darin findet, dass man jemanden den Zugang zu weiteren Lektürenstunden ermöglicht, erklärt man es auch gerne dem elften Fragenden mit derselben Freundlichkeit. Und auch im Buchhandel kommt es natürlich zu Beschwerden. Bei konstruktiver Kritik vonseiten der Besucher ist es eine Leichtigkeit darauf zu reagieren, aber leider gibt es immer und überall Menschen, die einen persönlich angreifen und dabei mitunter sogar untergriffig werden. Solche Kritik nicht allzu persönlich zu nehmen habe ich erst im Handel wirklich gelernt - und darauf bin ich auch wirklich stolz.
Der Weg dorthin und unerwartete Tücken
BuchhändlerIn ist grundsätzlich ein Ausbildungsberuf und auch wenn viele als Quereinsteiger in diesem Bereich landen hat man auf normalem Wege erst einmal 2-3 Jahre Lehrzeit vor sich. Gerade wenn man bereits die Matura/Abitur oder wie in meinem Falle schon ein Studium hinter sich gebracht hat wird man im Bekanntenkreis ziemlich schief angesehen, weil man sich für eine weitere Ausbildung entscheidet. Ich musste in der Hinsicht wirklich einiges schlucken und es ist mir nunmal nicht egal was meine Freunde von mir denken, besonders wenn sie sich offen negativ äußern. Da bekommt man auch die üblichen, pessimistischen Sätze zu hören wie "das kannst du aber nicht bis zu deiner Pension machen, der Buchhandel stirbt aus". Trotzdem durften sie alle feststellen, dass ich mein Ding durchgezogen habe und diese Entscheidung bis heute nicht bereue. Deswegen kann ich jedem nur anraten sich ruhig zu trauen, sei es dieser Job oder ein anderer, der von Freunden und Familie bekritelt wird. Und eine abgeschlossene Ausbildung macht sich ohnehin nie schlecht im Lebenslauf. Just do it!
Was beiweitem mehr schmerzte als die kritischen Worte aus meinem Freundeskreis waren jedoch meine Füße. Selbst wenn man immer sportlich unterwegs war, nichts bereitet einen auf die Schmerzen vor, die einen erwarten wenn man von heute auf morgen plötzlich bis zu 10 Stunden steht und dabei noch and die 10 km macht, während man Kunden bedient, Bücherkisten herum schleppt und so weiter. Die ersten Wochen bin ich -ohne Übertreibung- abends nach Hause gekommen und konnte nicht einmal mehr aufstehen um aufs Klo zu gehen. Und plötzlich gibt man mit größter Freude viel Geld für die hässlichsten orthopädischen Schuhe der Welt aus, damit man am Abend nicht zwischen Schlafzimmer und Bad hin und her kriechen muss. Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit geht jedoch auch das vorüber und mittlerweile gehe ich auch ohne Probleme noch vor der Arbeit laufen. What doesn't kill you...makes you...eh schon wissen.
Was mit dem Handel natürlich noch einher geht sind die langen und mitunter auch unregelmäßigen Arbeitszeiten. Ich habe in meinem jetzigen Job zwar geniale 3 Tage die Woche frei, allerdings varriieren diese auch wöchentlich und ich muss nunmal meine 40h in die anderen 4 Tage packen. Eine einfache Rechnung, dass meine Arbeitstage natürlich entsprechend länger dauern und an Freitagen kommt es auch schonmal vor, dass ich bis 21 Uhr in der Buchhandlung bin.
Der Alltag zwischen Büchern
So gern ich auch neue, frischgedruckte Bücher in Händen halte, verräume oder auf Büchertischen arrangiere, ich würde definitiv nicht mehr in einer Buchhandlung übernachten wollen. Der Alltag ist abwechslungsreich, mit jedem Kunden erwarten einen neue buchige Herausforderungen und man darf sich durchaus auch kreativ ausleben. Aber trotzdem freut man sich wenn man abends nach hause kommt. Ich habe sehr viel Spaß an meiner Arbeit und verstehe mich ausgesprochen gut mit meinen Kollegen, aber auch im Buchhandel gibt es Tage wo man nach dem Erwachen grummelig wird, weil man feststellt, dass ein neuer langer Arbeitstag vor der Tür steht.
Die Arbeitsabläufe unterscheiden sich natürlich je nach Buchhandlung, allerdings kann ich jedem versichern, dass es ein Trugschluss ist davon auszugehen, dass in einer kleinen Buchhandlung automatisch weniger zu tun ist. Gerade dort ist man oft für mehrere Arbeitsgänge auf einmal verantwortlich. Die Übernahme der Waren, das Auspacken, Etikettieren, Verräumen, Kunden bedienen, Kassieren, Telefonieren, alte Bücher remittieren (zurückschicken) und und und...Ich selbst habe meine Ausbildung in einer tradionellen, kleineren Buchhandlung begonnen und war mit dieser Struktur nicht wirklich glücklich. Deswegen bin ich auch nach Abschluss in eine größeres Unternehmen gewechselt und diese Filiale ist noch dazu in einem Einkaufszentrum (daher auch die langen Öffnungszeiten). Aber ich bin mit der straffen Organisation und der tollen Arbeitsteilung wirklich zufrieden und sehr glücklich mit dem täglichen Ablauf. Aber da muss jeder für sich entscheiden in welchem Bereich er sich besser aufgehoben fühlt.
Auswirkung auf das Leseverhalten in der Freizeit
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass dieser Beruf keine Auswirkung auf meine Lesegewohnheiten gehabt hätte. Dabei verhält es sich ähnlich wie beim Bloggen: all die neuen Bücher, die man jeden Tag vor Augen hat erzeugen irgendwo einen enormen Druck, weil man sie natürlich nicht alle lesen kann, aber soooo gerne möchte! Außerdem ist man als Buchhändler selbst sein bester Kunde und die Tage, die ich nicht Büchertürme balancierend nach Hause komme sind meist nur die Sonntage.
Neben dem Druck, den man wirklich lernen muss zu kontrollieren, damit man sich nicht selbst überfordert, lese ich mittlerweile fast ausschließlich Novitäten. Ich wäge tatsächlich bei jedem Buch ab, ob es mir denn auch wirklich "etwas bringt", wenn ich es lese. Klar ein Lesevergnügen bringt immer etwas, aber es ist nunmal hilfreicher wenn mir ein Buch gefällt, ich es aber auch gleich in der Arbeit weiterempfehlen kann. Geheimtipps sind dabei natürlich immer super, aber wenn ein Buch so geheim ist, dass es längst vergriffen ist, bleibt es natürlich weiterhin geheim.
Überwiegend positiv bewerte ich allerdings mittlerweile meine Genreausweitung. Als Buchhändler empfinde ich es fast als meine Pflicht in vielen, verschiedenen Genres (zumindest in der Belletristik, denn in der Abteilung arbeite ich) sattelfest zu sein. Das hat bei mir den Ausschlag gegeben mich endlich auch mit Krimis und Thrillern zu beschäftigen, die ich früher wirklich immer gemieden habe. Und siehe da, es gibt doch einige Subkategorien, die mich ausgezeichnet unterhalten!
Liebe Misty
AntwortenLöschenDas ist wirklich ein sehr anschaulicher und spannender Bericht. Ich habe während meines letzten Jahres im Gymnasium und den ersten beiden Studienjahren im Verkauf in einer Bäckerei gearbeitet. Da ich auf Stundenlohnbasis angestellt war, war es mir egal, mindestens neun, manchmal zwölf Stunden auf den Beinen zu sein. Aber obwohl ich auch schon Arbeit im Service und auf dem Bauernhof gewohnt war, machten anfangs auch regelmässig meine Füsse schlapp. Vor allem die vielen Treppen, Gänge ins grosse Lager im Keller, das Schleppen und die unzähligen Laufmeter.... I feel you :-)
Und trotzdem überwiegt - vor allem in deinem Fall, bei mir war es ja ein Nebenjob - die Liebe zum Beruf und das ist einfach auch immer so wundervoll. Ich schätze es sehr, in einem Laden gut und geduldig beraten zu werden und lasse dafür gerne ein wenig mehr Geld liegen. Diese Dienstleistung ist ja eigentlich so wichtig.
Alles Liebe dir und ich freue mich sehr, wenn du noch mehr aus "deiner" Buchhandlung erzählst :-)
Livia
Hallo Livia :)
Löschenfreut mich wenn dir der Bericht gefallen hat. Ja, wenn man in diesem Bereich arbeitet summieren sich die Meter, die man am Tag macht echt ordentlich, das unterschätzt man wenn man es selbst noch nicht gemacht hat :D
Mir geht es genauso, ich schätze es sehr wenn ich in Geschäfte gehe -völlig gleich welcher Art- und sich jemand freundlich und geduldig Zeit nimmt und vielleicht noch ein paar Geheimtipps für mich hat -auch bei Kleidung o.ä....es wäre schon sehr schade, wenn dieser Sektor weiter zurück ginge. Immerhin ist auch das das Schmökern im RL nochmal was ganz anderes, da entdeckt man soviele Dinge, die einem sonst nie unter die Augen gekommen wären :)
Vielleicht schreibe ich nochmal einen Post über meinen Arbeitsalltag oder witzige Anekdoten o.ä.
Liebe Grüße!