Sonntag, 11. August 2013

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins [Rezension]

Als der hartnäckigen Hitzewelle endlich ein paar kühlere Tage folgten erwachte meine Leselust endlich wieder aus ihrer Sommerstarre und passend zum Wetter wollte ich mal wieder etwas Tiefsinnigeres lesen.


Inhalt:


Der Gehirnchirurg Thomas ist seit seiner gescheiterten Ehe überzeugter Junggeselle und versucht sich emotional so weit wie möglich von seinen Liebschaften zu distanzieren. Als im jedoch die Serviererin Teresa aus einem Vorort von Prag nachreist sieht er sich gezwungen sie bei sich aufzunehmen, wobei er hin und hergerissen ist von dem Wunsch der Situation zu entkommen und jenem sie zu beschützen. Schließlich beugt er sich und zieht mit ihr zusammen, kann jedoch seiner Untreue nicht Herr werden.

Mistys Meinung:


Lang bin ich an diesem Buch in meinem Regal vorbeigeschlichen mit dem Vorbehalt, dass ich keine Lust auf eine Liebesgeschichte hatte, selbst wenn diese, wie der Klappentext verlautbart "höchste intellektuelle Ansprüche befriedigt" (was immer das genau heißen mag). Als ich es schließlich doch zur Hand nahm war ich jedoch positiv überrascht von der realistischen Handlung. Der Autor belässt es weder bei den sonst so übertriebenen Illusionen einer Beziehung, noch geht er dazu über diese zu einer gegenseitigen Zerstörung und Abhändigkeit der Figuren herabzustufen (so empfinde ich es zumindest ich es bei vielen klassischen Autoren).

Die Untreue von Thomas beschreibt der Autor zudem sehr objektiv, sodass man als Leser nicht recht weiß ob man ihn nun verurteilen oder verstehen möchte, obwohl ich mir doch an einigen Stellen definitiv mehr Gegenwehr von Teresas Seite gewünscht hätte und entsprechend verärgert über ihre Hilflosigkeit war.

Die Handlung beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Beziehung der beiden, im Mittelpunkt steht vor allem auch der Prager Frühlung und die Reaktion der Hauptfiguren darauf, wobei immer wieder interessante Reflektionen und Metaphern von diesen aufkommen. Besonders die Folgen bzw. das Scheitern des Kommunismus wird von Thomas mit sehr gewitzten und intelligenten Metaphern verurteilt.

Manche psychologische Erklärungen des Autors für das Verhalten seiner Figuren konnte ich zwar nicht nachvollziehen, beziehungsweise erschienen sie mir übertrieben konstruiert, aber trotzdem habe ich mir viele Weisheiten und schöne Formulierungen im Buch markiert. Erschienen mir die Figuren auch manchmal ein wenig zu distanziert berührte mich ihre Geschichte trotzdem wiederholt und brachte mich an einer Stelle sogar tatsächlich zum Weinen (wenn  wohl auch mein persönlicher Hintergrund zusätzlich dazu beigetragen hat).

Fazit:


Eine an vielen Stellen sehr realistische Erzählung mit klugen, witzigen Formulierungen, die einen guten Einblick in die Gedanken der Figuren geben und das Buch in Summe wirklich sehr empfehlenswert machen.

Leseprobe:


"Die Personen meines Romans sind meine eigenen Möglichkeiten, die sich verwirklicht haben. Deshalb habe ich sie alle gleich gern, deshalb machen sie mir alle die gleiche Angst. Jede von ihnen hat eine Grenze überschritten, der ich selbst auchgewichen bin. Gerade diese unüberschrittene Grenze (die Grenze, jenseits derer mein Ich endet) zieht mich an. Erst dahinter beginnt das große Geheimnis, nach dem der Roman fragt. Ein Roman ist nicht die Beichte eines Autors, sondern die Erforschung dessen, was das menschliche Leben bedeutet in der Falle, zu der die Welt geworden ist."*

* Milan Kundera: Die unterträgliche Leichtigkeit des Seins.Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1992, S.212
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Titel: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins

Autor: Milan Kundera
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 300 Seiten

2 Kommentare:

  1. Hallo Misty,

    für mich steht der Fischer-Verlag für Bücher mit Tiefgang, also keine dieser Liebes/Leidensgeschichten, die nur oberflächlich berühren/kratzen und wenn ich mir Deine Rezi dazu durchlese fühle ich mich auch bestätigt oder?

    Es ist halt ein Buch zum Nachdenken.

    Schönen Tag noch und LG..Karin..

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    1. Hi Karin,

      danke für deinen Kommentar :) Auch ich habe bisher mit Büchern vom Fischer-Verlag großteils sehr gute Erfahrungen gemacht und kann dir da nur zustimmen.

      Definitiv ein Buch zum Nachdenken, ich habe mir da auch einige Zitate herausgeschrieben, die ich besonders schön formuliert fand.

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