Freitag, 5. Dezember 2014

Im Winter dein Herz [Hörbuch-Rezension]

Wie angekündigt werden nun auf dem Friedhof der vergessenen Bücher an manchen Ecken auch Vorleser zu finden sein, genau genommen in Form von Hörbüchern. Ich habe lange herum gesucht, welches sich denn als erstes eignen würde und wählte schließlich Im Winter dein Herz, da ich recht passend fand, dass der Autor selbst seine Geschichte liest.

Inhalt:


Eigentlich hätte sich Robert in einer Reha-Klinik mit dem sprechenden Namen Waldesruh für einige Monate zur Ruhe begeben sollen, doch er entschließt sich stattdessen kurzfristig mit einem weiteren Patienten und einer befreundeten Tankstellenwärterin einen Roadtrip durch das verschneite Deutschland zu unternehmen. Seine aktuelle Unfähigkeit feste Nahrung zu sich zu nehmen gefährdet diese Aktion jedoch recht bald.

Mistys Meinung:


Das Erstlingswerk von Benjamin Lebert, das den Titel Crazy trägt, fand ich persönlich nicht sonderlich gut und es hat auf diesem Blog auch keine gute Rezension erfahren. Vor einiger Zeit stieß ich jedoch auf ein Interview mit dem Autoren (hier der Link). Die Verfasserin des Artikels fand ich jedenfalls in ihrem Verhalten dem Autor gegenüber unausstehlich, um nicht zu sagen garstig. Ich selbst verfasse ja schonmal einen Verriss und negative Literaturkritik existiert nunmal, aber einen Menschen derart persönlich anzufeinden finde ich wirklich mehr als nur unangebracht.

In diesem Artikel fielen jedenfalls die Schlagworte "öbszön" und "frauenfeindlich" im Bezug auf seine Literatur und daher beschloss ich diesen Anschuldigungen nachzugehen, da mich zum einen interessierte, ob diese Vorwürfe gerechtfertigt waren, oder die Verfasserin mir noch unsympathischer werden würde. Zum anderen interessierte mich der literarische Werdegang des Autors selbst und ich wollte herausfinden, ob sich denn sein Schreibstil mittlerweile verbessert hätte.

Wie bereits erwähnt liest bei diesem Buch der Autor selbst und ich fand diese Tatsache recht angenehm. Zum einen lässt wohl zurecht wenn auch plumb verlautbaren, dass der Verfasser sein Werk wohl am besten kennt und die jeweiligen Passagen entsprechend zu betonen weiß, zum anderen war ich wirklich neugierig darauf seine Stimme zu hören. Dieser habe ich dann jedenfalls gerne gelauscht und finde, dass Lebert auf eine sehr angenehme Art vorliest; die Dialoge werden authentisch, aber nicht übertrieben betont, emotionale Passagen werden entsprechend hervorgehoben und in Summe findet er einen angenehmen Sprechrhythmus.

Was also das Hören an sich angeht, kommt man auf jeden Fall auf seine Kosten und ich bin froh, dass dieses Buch meine erste Wahl diesbezüglich darstellt. Doch auch inhaltlich würde ich dieses Werk als sehr gelungen bezeichnen. Die Figuren sind ausgesprochen sympathische Antihelden und ergeben gemeinsam eine interessante Mischung. Ansonsten spricht die Geschichte ernsthafte und problematische Themen an, doch schwingt darin einiges an Hoffnung und positiver Energie mit, was ich persönlich sehr angenehm fand. Ich lese desöfteren ernste Bücher, die sich mit psychischen Problemen befassen, allerdings bleiben viele davon durchgehend negativ, wodurch ich Im Winter dein Herz als angenehmen Ansporn empfand.

Auch stilistisch war dieses Werk zu meiner Zufriedenheit, wenngleich es trotzdem manche Stellen gab, an denen ich mir gewünscht hätte, dass eine weniger poetische Formulierung vorgenommen worden wäre. Dadurch rutschen manche Beschreibungen nämlich ein wenig ins Kitschige ab.

Übrigens war zumindest dieses Werk in keiner Hinsicht frauenfeindlich und wer es im 21.Jahrhundert als öbszön bezeichnet, dass weibliche Geschlechtsorgane in einem Dialog benannt werden wurde wohl 100 Jahre zu spät geboren.

Fazit:


Ein sehr angenehmes Hörbuch, das einen ernsten Inhalt mit Hoffnung zu versehen weiß und durch den angenehmen Leserhythmus des Autors voll zur Geltung kommt.

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Titel: Im Winter dein Herz
Autor: Benjamin Lebert
Gelesen von: Benjamin Lebert
Sprache: Deutsch
Hörbuch: 4h 16min

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