Freitag, 22. September 2017

Anima [Rezension]

Mittlerweile ist es so kalt geworden, dass es Nabu bei seinem morgendlichen Kontrollflug glatt vom Himmel friert. Auch ich radle bereits mit Schal und Handschuhen in die Arbeit, mit draußen lesen ist es für dieses Jahr wohl vorbei.



Inhalt:


Als Wahsch Dibsch Frau grausam ermordet wird begibt er sich auf die Suche nach dem Mörder, um ihn ins Gesicht sehen zu können. Seine Spurensuche führt ihn quer durch Nordamerika, über Landstriche die von kriegerischen Verbrechen gezeichnet sind und mitten in seine eigene qualvolle Vergangenheit.

Mistys Meinung:


Buchempfehlungen von vertrauenswürdigen Freunden sind einfach immer die besten. So auch bei diesem Buch, das meine persönliche Bestenliste im Sturm erobert hat und das ich von einer lieben Freundin geborgt bekam. Es zu rezensieren fällt mir allerdings gar nicht so einfach, da es so komplex aufgebaut ist.

Was eine der großen Besonderheiten dieses Buches ausmacht, ist die Art und Weise wie es seine Geschichte erzählt. Es gibt keinen Ich-Erzähler, keinen auktorialen Allwissenden, nein, der Großteil des Buches wird aus der Sicht von Tieren beschrieben, die die Hauptfigur beobachten und sich oftmals wie magisch von ihr angezogen fühlen. Das verleiht diesem Buch einen ganz besonderen Reiz, zumal der Autor stark differenziert zwischen den verschiedenen Beobachtern. Bei ihm erzählt natürlich eine Stubenfliege völlig anders als ein Maultier. Man bekommt als Leser auf ganz besondere Weise das Gefühl tatsächlich mit den Augen des Tieres zu sehen, wie es zu denken und zu fühlen.

Doch diese besondere Erzählweise ist eigentlich nur ein besonders schönes, perfekt ausgearbeitetes Randdetail (auch wenn es im späteren Verlauf ins Gesamtbild passt). Wirklich bewundernswert ist der eigentliche Handlungsfortlauf, der einen nach dem Ende des Buches lange nicht ruhig schlafen lässt. Denn die Vergangenheit, der sich Wahsch immer weiter annähert ist von unvergleichbarer Brutalität gezeichnet. Die seelischen Abgründe, die dabei offen gelegt werden sind an mehreren Passagen wirklich kaum zu ertragen. Es wird einem als Leser so manches abverlangt, gerade was die expliziten sexuellen Übergriffe angeht. Trotzdem kann man nicht umhin das Schicksal weiter verfolgen zu wollen.

Hinzu kommt, dass die Geschichte letztlich einige zweierlei interpretierbare Handlungsstränge zeigt bzw. sogar ganz als erschreckende, aber ebenso faszinierende Parabel gelesen werden kann. Das Animalische -das sich ja schon im Titel und der Erzählweise zeigt- wird dabei ganz klar zum roten Faden in der Geschichte und natürlich lässt einen das Buch mit der Frage zurück ob die furchteinflößendste von allen Bestien nicht immer der Mensch sein wird.

Fazit:


Ein durch und durch faszinierendes und letztlich schlichtweg grandioses Buch, das ich einem jeden wärmstens empfehlen kann, der vor grausamen Inhalten nicht zurück schreckt. Diese Geschichte ist ein wahres Unikat.

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Titel: Anima
Autor: Wajdi Mouawad
Verlag: dtv
Sprache: deutsch
Softcover: 448 Seiten

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