Montag, 19. Januar 2015

Die Blechtrommel [Rezension]

Manche Bücher hat man einfach jahrelang ungelesen im Regal stehen und freundet sich bereits mit der Befürchtung an, dass sie diesen Status auf ewig behalten werden. Dann jedoch folgt man einem spontanen Anreiz und zieht den traurigen SuBler plötzlich doch ganz motiviert aus dem Regal. In meinem Falle wollte ich der "Ran an den Sub"-Challenge nachkommen, die für den Januar nunmal Wälzer vorsieht. Mit 778 Seiten darf sich nämlich auch dieses Buch so titulieren.




Inhalt:


Als Oskar seinen Eltern, die beide Kolonialwarenhändler sind, geboren wird, legen diese auch bereits seine Zunkunft fest; sobald er groß ist, soll er das elterliche Geschäft übernehmen. In seinem dritten Lebensjahr jedoch beschließt Oskar diesem Schicksal zu entgehen, indem er schlichtweg sein Wachstum einstellt, da er keine Lust empfindet je der Welt der Erwachsenen anzugehören. Während seine Umwelt recht unglücklich über seinen Zustand ist, zieht zufrieden mit sich und seiner Blechtrommel umher und ist selbst immer wieder der Auslöser für allerlei Unglück.

Mistys Meinung:


Eigentlich hätte ich dieses Buch bereits zu Beginn meines Studiums lesen sollen und nicht erst jetzt, da ich dieses bereits vor einer Weile abgeschlossen habe. Allerdings war mir ein Großteil der Geschichte um Oskar bereits aus der Schule bekannt und so habe ich mich anderen Bücher zugewandt, die mir unbekannt waren. Aus schlechtem Gewissen heraus, habe ich jedoch bereits einmal das Günter Grass Lesebuch gelesen, das vor allem auch einige politische Texte des Autors enthält. Schon damals war ich von seiner Sprache angetan und diese Erfahrung motivierte mich ebenfalls zur Blechtrommel zu greifen.

Auch diesmal konnte ich mich von Beginn an an der wunderbaren Sprache des Autors erfreuen und diese Freude hielt sich auch das ganze Buch über. Nach vielen Jugendbüchern und allerlei Abenteuerliteratur ist ein solcher Schriftsteller wie Günter Grass nunmal unverkennbar genial in seinem Schreibstil. Neben seinen gelungenen, langen Satzkonstruktionen haftet sehr vielen Passagen immer auch einiges an (Wort-)Witz an, was den Lesefluss sehr erleichtert und voran treibt. Seine Beschreibungen sind dabei meist sehr genau bishin zu minutiös, doch wirken sie auf mich keineswegs ausufernd, sondern sorgen dafür, dass man als Leser die Welt von Oskar sehr intensiv miterlebt. Etwas überrascht war ich, dass der Autor bzw. die Figur auch nicht vor obszönen Bemerkungen und Begriffen halt macht, doch auch diese entbehrten meist nicht eines gewissen Sprachwitzes und werden auch oft geschickt mit Metaphern ausgeschmückt.

Was die Figuren betrifft, sind diese ebenso gelungen und dank der vielen Beschreibungen sehr gut greifbar mit ihren individuellen Besonderheiten und Schwächen. Ich komme wohl nicht umhin zu erwähnen, dass es sich bei dem Protagonisten Oskar um einen Schelm handelt, allerdings möchte ich mich darin jetzt nicht ergehen, darüber finden sich in zahlreicher Sekundärliteratur trefflichere Ausführungen. Ich habe die Geschichte in gewisserweise auch immer mit einem Blick auf die biographischen Anteile gelesen, wenngleich ich solch eine Lesart eigentlich gerne vermeide. Doch in diesem Fall schienen mir die Beschreibungen von Danzig einfach so persönlich und dabei auch noch so gelungen, dass ich nicht umhin konnte, gewisse Parallelen erkennen zu wollen. Gerade die unschöneren Details der Handlungsumgebung sorgten dafür, dass die Geschichte immer sehr real und keineswegs zu schelmisch wirkte. Gerade durch diesen Umstand erhält sich auch einen mahnenden Charakter.

Trotz all dieser positiver Bemerkungen zum Buch möchte ich darauf hinweisen, dass es mir doch Konzentration abverlangt hat, und ich nach vielen Stellen auch pausieren musste, da man wirklich eine Vielzahl an Eindrücken erhält, die natürlich zum Teil auch schockierend wirken.

Fazit:


Ein überaus gelungenes Stück Literatur, das der Autor mit sehr viel sprachlicher Feinheit und Sinn für widersprüchliche Figuren geschaffen hat. Wenn man sich die Zeit dafür nehmen kann definitiv eine Empfehlung wert!

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Autor: Günter Grass
Titel: Die Blechtrommel
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 778 Seiten
Reiheninfo: Band 1/3 der Danziger Trilogie

2 Kommentare:

  1. Erleidet bei mir ebenfalls noch das Schicksal des traurigen SUBlers. Aber deine Rezension macht Hoffnung! :D

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  2. Hallo Misty,

    am tollsten finde ich dann, wenn diese Bücher die da ewig liegen, zu Unrecht den Status "Sub-Leiche" tragen. Da hat man gleich noch viel mehr Spaß an einem guten Buch.

    Was manche Leute für interessante Sachen in der Schule lesen... und ich? Woyzeck oder Iphigenie auf Tauris. So ein Mist :D

    Ich muss mir das Buch auf jeden Fall mal merken. Es ist ja doch sehr bekannt und ich lese ja gern mal solche... Klassiker.

    Grüße,
    Julia

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