Montag, 21. Juli 2014

Die Schatzinsel [Rezension]

Endlich Sommer! Wenngleich das für mich leider nicht gleichbedeutend mit Ferien ist juckt es mich ordentlich doch wenigstens "ferientaugliche" Literatur zu lesen. Das heißt jetzt momentan bei mir im Klartext, dass mir jene Bücher aus den Regalreihen entgegen segeln, deren Inhalt sich mit Schiffsreisen, Meer, Strand und am besten konkret mit Südseeinseln beschäftigt. Da sich das allzu trivial und natürlich nach billigster Unterhaltung anhört möchte ich sofort einlenken, dass ich mir als erstes immerhin den wohlbekannten Klassiker "Treasure Island" bzw. die Schatzinsel geschnappt habe. (Und trotzdem lässt sich dieses Buch praktischerweise für meine Olympia-Challange für den Punkt "Lies ein Buch, das am Meer / Strand spielt.)




Inhalt:


Nachdem der junge Jim Hawkins durch den Tod eines alten Piraten, der im Gasthaus seiner Eltern quartierte, an eine Schatzkarte gelangt wird er unversehens in ein großes Abenteuer gerissen. Durch die Hilfe eines befreundeten Artztes heuert er auf einem Schiff an und begibt sich auf der Suche nach der erträumten Schatzinsel, nicht ohne dabei sogleich hinterhältigen Matrosen ausgeliefert zu werden.

Mistys Meinung:


Dieses Buch gehörte für mich, ebenso wie Dr.Jekyll and Mr.Hyde zuvor, zu den Büchern, die man doch mal gelesen haben sollte. Da mich letzteres jedoch nicht sonderlich begeistern konnte -was nunmal leider daran liegt, dass man durch Filmmaterial als Leser nunmal schon im Vorhinein weiß, wie Dr.Jekyll und Hyde denn zusammenhängen- hatte ich so meine Bedanken bei Die Schatzinsel. Doch hatte ich von Vornherein gleich einen besseren Start mit diesem Buch, was nicht zuletzt daran gelegen haben mag, dass ich dieses Buch von Stevenson nicht im Original sondern in einer -für mich- recht guten Übersetzung vor mir hatte.

Der Schreibstil -soweit anhand der Übersetzung beurteilbar- ist jedoch um einiges angenehmer lesbar und für mich auf jeden Fall auch fesselnder als bei Jekyll und Hyde. Natürlich wimmelt es nur so von archaischen Begriffen und Formulierungen, allerdings machen diese auch den Charme solcher Geschichten für heute aus. 

Die Handlung wird schnell voran getrieben und hält sich an keiner Stelle unnötig auf. Was die Spannung betrifft hat es der Autor jedoch scheinbar den Wunsch vieles in der Erzählung vorauszunehmen. So erfährt man als Leser bereits wenn der Protagonist zum ersten Mal auf neue Figuren trifft ob diese später einen negativen Einfluss auf das Abenteuer haben werden. Insofern erhält man an vielen Stellen später lediglich eine genauere Ausführung, erlebt jedoch keinen richtigen Überraschungsmoment.

Da ich solche Vorausnahmen jedoch eigentlich von vielen Texten dieser Zeit gewöhnt bin störten sie mich weniger und ich konnte die Geschichte dennoch in vollen Zügen genießen.

Fazit:


Sehr gelungene und auch heute noch bestens lesbare Abenteuergeschichte mit entsprechender Anzahl an Gefahren auf See, Piraten und Schätzen.

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Titel: Die Schatzinsel
Autor: Robert Louis Stevenson
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 322

Donnerstag, 17. Juli 2014

Totentrickser [Rezension]

Nach all den qualitätsvollen jedoch zugleich auch anstrengend zu lesenden Büchern von der Uni wurde es jetzt für mich endlich Zeit wieder nach einem Unterhaltungsbuch zu greifen. Um einen ordentlichen Gegensatz zu haben langte ich dabei in die Humorecke meines Regals.


Inhalt:


Voller Motivation startet die klassische Heldentruppe bestehend aus einem Zwerg, einem Oger, einer Magierin und einem Meisterdieb in ein Abenteuer, welches zum Ziel hat ihren Erzfeind einen Nekromanten zu besiegen. Als dieses Vorhaben jedoch überraschend gelingt und sie ihn unerwartet zur Strecke bringen stehen sie sich auf einmal dessen kleiner Tochter gegenüber, die sie ungewollt zur Waise gemacht haben und nun zu ihren Verwandten gebracht werden will. Etwas ratlos nehmen sie die neue Aufgabe an, während die kleine Nachtelfe schwört sie auf der Reise alle auszulöschen.

Mistys Meinung:


Nach meiner großen Begeisterung über seinen Debütroman Fantastik AG habe ich mir dieses zweite Buch von Jan Oldenburg natürlich sofort unter den Nagel gerissen, als ich in einer Buchhandlung entdeckte. Neben Walter Moers kam ich so erstmals in Kontakt mit dem sogenannten "Funny Fantasy" Genre. Zur Belustigung hatte ich Bücher bis zu diesem Zeitpunkt eigentlich kaum gelesen und war überrascht wie leicht ich mich daran amüsieren konnte.

Fantastik AG konnte mich damals also sehr begeistern und ich hatte beim Lesen tatsächlich Momente, da ich laut auflachen musste, wenngleich der Fortlauf der Handlung mich etwas enttäuscht zurück ließ. So hatte ich für dieses Buch gleichzeitig sehr hohe Erwartungen und von vornherein Bedenken. Was die Erwartungen betrifft konnten diese größtenteils erfüllt werden, also auch diese Geschichte begegnet der typischen Fantasygeschichte mit sehr viel Humor und gerade Rollenspieler jeglicher Art werden sich -wenn sie denn Humor verstehen- gekonnt aufs Korn genommen sehen.

Somit gab es für mich allerlei zu schmunzeln, wirklich lachen musste ich jedoch nicht - kann aber gut daran liegen, dass ich nun schon recht an dieses Genre gewohnt bin und der ursprüngliche Überraschungsmoment dazu notwendig war. Die Charaktere ergänzen sich wirklich sehr gut und sorgten bei mir für viel Heiterkeit, besonders die Ideen des Autoren zum Ogerkrieger hielt ich für sehr gelungen und Jan Oldenburg spielt sehr gekonnt mit den typischen Fantasy-Klischees. Manchmal schienen mir die Witze jedoch zahlenmäßig übertrieben und es hätte mir in Summe gereicht wenn etwas weniger davon untergebracht gewesen wären. Wenn eine Geschichte zusehr auf Komik ausgelegt ist verliert sie definitiv etwas an Reiz.

Dafür war der Handlungsfortlauf, ebenso wie das Ende meiner Meinung nach um einiges gelungener wie bei Fantastik AG und konnte seine Qualität auch gegen Ende hin aufrecht erhalten.

Fazit:


Eine gelungene, durchaus sehr lustige Heldengeschichte, die etwas zu wenig mit Humor geizt, aber die Spannung dafür trotzdem konstant aufrecht erhält. Genau der richtige Ausgleich zu tiefsinniger Lektüre!

Leseprobe:


"Und das ist der Baron von Hutzelfingern. Er hielt sich jahrelang für ein Meerschweinchen, was sich negativ auf seine staatsmännischen Fähigkeiten auzuwirken begann. Um genau zu sein, hält er sich noch immer für ein Meerschweinchen, aber wir konnten ihn davon überzeugen, dass er ein gewinnend lächelndes, fröhlich winkendes Meerschweinchen ist. Seitdem wird er seinen Aufgaben als Politiker wieder voll und ganz gerecht."*

Jan Oldenburg: Totentrickser. München. Piper 2013, S.75
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Titel: Totentrickser
Autor: Jan Oldenburg
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 413 Seiten

Mittwoch, 9. Juli 2014

Gesellschaft mit beschränkter Haftung [Rezension]

Nach nur allzulanger Absenz nähere ich mich langam wieder meinem Bücherregal an, wobei es mir nach so vielen anstrengenden Wochen noch immer recht schwer fällt auch wirklich die Ruhe zum Lesen zu finden. Als kleiner Anreiz zum Bloggen schicke ich jedenfalls noch eine Rezension voraus, die ich bereits vor einigen Tagen geschrieben habe.




Inhalt:


Nachdem ihr Vater und Unternehmensleiter Kurt Tietjen nach einer Geschäftsreise nicht mehr aus New York zurückkehrt steht Luise Tietjen vor der Frage was nun mit dem Familienunternehmen zu geschehen hat. Wenngleich die junge Studentin sich bisher aus diesen Angelegenheiten herausgehalten hat versucht sie nun erpicht in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten und wird mit einem Mal in die vermeintlich verantwortungsvolle Welt der Wirtschaft katapultiert.


Mistys Meinung:



In ihrem dritten Prosawerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung beschäftigt sich Nora Bossong eingehend mit dem kapitalistischen System und geht der Frage nach, wie es sich anfühlt in diesem am oberen Ende zu stehen. Sie rückt dazu ein fiktives deutsches Familienunternehmen in den Mittelpunkt ihrer Erzählung, das in seinem Werdegang wiederholt Parallelen zu realen Unternehmen wie etwa der Krupp-Dynastie aufweist. Allerdings handelt es sich bei der Firma dieses Romans namentlich „Tietjen und Söhne“ um ein Unternehmen, das auf die Produktion und den Verkauf weicheren Materials setzt, seit seiner Gründung durch Justus Tietjen. Dieser versteht sich bereits 1913 auf geschicktes Marketing: „Je härter die Welt, desto dringlicher der Wunsch nach weichen Stoffen. Wenn der Mensch fiel, musste er aufgefangen werden. Wenn das Leben hart wurde, musste man ihm etwas entgegensetzen. Der Mensch sehnte sich nach Weichheit, im Krieg mehr noch als im Frieden. Justus Tietjen war gewappnet.“*

In Rückblicken erfährt der Leser über das Leben der Gründerväter und deren geschickte Marktstrategien, um das Unternehmen weiter auszubauen. Dabei unterlässt es die Autorin nicht darauf anzuspielen, dass auch diese Familien-Firma geschichtlichen und politischen Ereignissen nicht gänzlich entgangen ist: „Irgendwann, Jahrzehnte später, tauchte ein Handtuch auf, in dem am unteren linken Rand ein Hakenkreuz eingestickt war. Keiner konnte sagen, wo es gelegen, wer es gefunden hatte, und da war es auch schon wieder verschwunden, so plötzlich, wie es ausgetaucht war, und niemand fragte weiter nach.“**

Mit ähnlich scharfer Ironie wird auch das Leben der Hauptfiguren Kurt Tietjen –Enkel des Gründers Justus- und seiner Tochter Luise aufs Korn genommen. Als Kurt nach einem geschäftlichen Termin nicht wieder aus New York zurückkehrt, steht Luise Tietjen in Deutschland vor der Frage, ob sie sich der Verantwortung stellen und das Unternehmen übernehmen soll, wenngleich sie diesem bisher möglichst ausgewichen ist. Anhand der psychischen Konstitution der Figuren, die wiederholt durch die strenge Regelung der Firma leidet, übt Nora Bossong wiederholt Kritik am kapitalistischen System Europas. Auch die gegenwärtige und zukünftige Situation der Weltwirtschaft wird von der Autorin mit in den Fokus genommen und dem Leser genauer vor Augen geführt. Dabei pendelt sie im Stil stets zwischen ironisch-humorvollen Anspielungen und beißendem Zynismus. Besonders die Doppelmoral der Figuren bei deren politischen Anschauungen bietet wiederholt eine gute Zielscheibe und es lässt sich bald erkennen, dass im Unternehmen von der Entstehung bis in die Gegenwart kaum ein Mittel gescheut wurde um den Profit zu mehren. Die Ausführungen der Autorin dazu wirken –wenngleich natürlich mitunter überzeichnet- glaubhaft und gut recherchiert. Dass bei Korruption, Steuerhinterziehung und weiteren Fälschungen viel im Dunkeln läuft wird dem Leser dadurch deutlich gemacht, dass auch er bis zuletzt nicht über alle Machenschaften und Intentionen der Figuren aufgeklärt wird. Dies wiederum regt zu weiteren Vermutungen und tieferem Nachdenken an, während der wiederholte Zynismus dazu provoziert sich die Frage zu stellen, ob die Ausführungen der Autorin rein dystopische Fiktion sind, oder der Wirklichkeit doch sehr nahe kommen.

Neben der Konzentration auf die wirtschaftliche Situation wird auch die Geschichte der Familie selbst genauer beschrieben und es lässt sich bald erkennen, dass auch in dieser viel zum eigenen Vorteil gearbeitet wird, während selbstlose Handlungen eher zur Ausnahme zählen. Die Protagonisten erfüllen auch darin Schritt für Schritt mehr die Rolle von Antihelden, wenn sich auch Luise zunächst noch als Sympathieträgerin anbieten würde. Durch die Dominanz der Firma und den knallharten Alltag eines auseinanderbrechenden Unternehmens, das sie zu retten versucht, verkommt sie jedoch ebenfalls immer mehr zu einer eiskalten Spitzenmanagerin. Auch sie scheint bald wortwörtlich bereit über Leichen zu gehen und fügt sich wie ihre Vorgänger dem Wohl des Unternehmens, wobei sie trotz Verantwortung ebenso wenig bereit ist irgendeine Haftung zu übernehmen.


*Nora Bossong: Gesellschaft mit beschränkter Haftung. München: Carl Hanser Verlag 2012, S.45.
**Ebd., S. 56.
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Titel: Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Autorin: Nora Bossong
Sprache: Deutsche
Gebundene Ausgabe: 296 Seiten