Sonntag, 9. Februar 2014

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit (1: Unterwegs zu Swann) [Rezension]

Ja, ich lebe noch...äh lese noch! Es war nur keine gute Idee mir einen solchen Klassiker kurz vor der Prüfungszeit vorzunehmen. Ist doch nur so ein kleines Büchlein sprechen da einige Friedhofsbesucher? Ha! Der Schein trügt meine Lieben, dieses Büchlein bringt es mit Bibelseitchen nämlich auf über 700 Seiten! Dazu noch eine winzige Schrift und anspruchsvoller Inhalt, schon verzögert sich die vorgenommene Lesereise beachtlich!



Inhalt:


Der Roman spielt im Frankreich des fin de siécle und der Ich-Erzähler, der seinen eigenen Namen nicht nennt berichtet von seinem Leben in der gehobenen Gesellschaft. Rückblickend erinnert er sich an seine Kindheit auf dem Lande und nennt einige Personen, die auch in seinem späteren Leben von Bedeutung sein werden. Sein Wunsch Schriftsteller zu werden zeigt sich sehr bald, doch hindert ihn seine schlechte Gesundheit und seine Trägheit immer wieder daran. Dennoch ereilt ihn die Leidenschaft dafür immer wieder, ganz besonders wenn er sich in der Natur aufhält.


Mistys Meinung:


Eigentlich habe ich es ja absolut nicht mit genauen Beschreibungen in Büchern. Ich empfinde sie meistens als eine Verzögerung für die Handlung und überfliege sie auch meist, sodass in meinem Kopf die Umgebung der Figuren meist ganz anders aussieht, als dies der Autor eigentlich intendiert hätte. Daher halte ich mich immer schon strikt von Adalbert Stifter fern und sonstigen Autoren fern, die dafür berüchtigt sind, Momentbeschreibungen gleich mehrere Seiten einzuräumen. Doch bei Marcel Proust störte mich dies nicht im Geringsten, dabei steigert dieser seine Beschreibungen wirklich ins klitzekleinste, Mikro-Mikro-Detail.

Seine Kunst minutiös zu beschreiben halte ich jedoch für so gelungen, dass ich ihnen gerne gefolgt bin. Dies erforderte jedoch einiges an Ruhe und Konzentration, ein Buch nach einem stressigen Arbeitstag ist dies meiner Meinung nach nämlich gewiss nicht. Wenn ich mir jedoch die Zeit genommen habe, konnte ich diesen ersten Band seines Monumentalwerks richtig genießen. Die Abschweifungen, die der Autor andauernd vornimmt waren für mich ausgesprochen spannend und ich war mehrmals erstaunt, wie es im gelingt, die Fäden schließlich doch wieder zusammen zu führen. So war ich total verwundert, als ich auf Seite 270 feststellen musste, dass alles, was seit der ersten Seite geschehen war sich für die Figur nur innerhalb von wenigen Momenten abspielt, da es lediglich eine Szene des Erinnerns ist. So kehrt man als Leser völlig verwundert wieder in das Schlafzimmer der Figur zurück, wo man dessen Gedanken in seine Kindheit ursprünglich gefolgt war.

Zudem enthielt das Werk, wie aber von mir schon erwartet, zahlreiche sehr gelungene Formulierungen und Gedanken, die ich mir freudig markiert habe und bestimmt in mein Zitatenheftchen schreiben werde. Bei reiner Unterhaltungsliteratur kommt dies leider einfach viel zu selten vor, da die Sprache dafür meist viel zu unausgefeilt ist. An solchen Klassikern, so anspruchsvoll sie mitunter auch sein mögen, erkenne ich die Kunst dann wieder in ihrer vollkommensten Form.

Ursprünglich hatte ich eigentlich nur vor mit den ersten Band dieses riesigen Werks zu genehmigen, nun bin ich jedoch entschlossen auch die anderen Bände bezeiten zu genießen. Die genaue Beschreibungweise lässt einen nämlich auch die Figuren besonders gut kennen lernen und ich kenn es kaum erwarten weitere Situationen aus ihrer Lebens- und Gedankenwelt zu erfahren.

Fazit:


Überaus gelungener Einstieg in das große Werk Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Das Buch beweist einiges an sprachlichen Feinsinn, möchte dafür jedoch auch besonders geduldig behandelt werden um seinen Inhalt auch voll entfalten zu können.

Leseprobe:


"...Überzeugt, daß meine Gedanken diesem vollkommenen Geist töricht erscheinen müßten, hatte ich mich so gründlich ihrer aller entledigt, daß mir, wenn ich zufällig in seinen Büchern einen Gedanken antraf, den ich selbst schon gehabt hatte, das Herz schwoll, als wenn ein Gott in seiner Güte ihn mir wiederschenkte, gleichzeitig legitimiert und für schön erklärt."*


*Marcel Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Unterwegs zu Swann.Frankfurt am Main: Suhrkamp 1994, S.141

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Titel: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit (1: Unterwegs zu Swann)
Autor: Marcel Proust
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe: 714 Seiten

2 Kommentare:

  1. Ich habe mir vor einiger Zeit mal die Komplettausgabe gekauft, aber nach gut 150 Seiten abgebrochen. Allerdings ist das ein Buch, das ich wirklich irgendwann nochmal versuchen will, denn eigentlich mag ich genaue Beschreibungen. ;)

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    1. Wow toll :) Ich hab sie mir nur in der Bücherei ausgeborgt, die Komplettausgaben sind doch ordentlich teuer (sind natürlich auch viele Bücher für den Preis, aber trotzdem...) :)

      Hoffe du findest irgendwann dazu :)

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