Dienstag, 14. August 2012

Sinclairs Notizbuch [Rezension]

Als begeisterte Leserin von "Narziß und Goldmund" war ich erfreut, als ich auf einem Flohmark dieses Werk aus einer Bücherkiste zog. Der Zustand "Sehr Gut" wäre bei dem Büchlein sogar noch untertrieben. Keine geknickten Seiten, makelloser Einband und das obwohl es noch in DM angeschrieben ist. Zudem enthält es farbige Abbildungen von Aquarellen des Autors. Weswegen dieses Schätchen auch auf dem Flohmarkt gelandet sein mag - ich habe es jedenfalls entdeckt und sogleich auf den Bücherfriedhof getragen. Nun wird ein Drache darüber wachen, dass es nicht wieder an unehrenwerte Orte gelangt.

Inhalt:


Emil Sinclair war das Pseudonym unter dem Hermann Hesse zur Zeit des Ersten Weltkriegs seine "ungemütlichen" Aufsätze und Essays gegen den Krieg veröffentlichte*. Das Buch "Sinclairs Notizbuch" enthält eine kleine Sammlung an Kurzgeschichten und kürzeren Texten aus dieser Zeit. Der Großteil davon bezieht sich direkt auf den Krieg und begegnet diesem auschließlich kritisch.

Mistys Meinung:


Wegen der mehreren kurzen Texte ließe sich Sinclairs Notizbuch eigentlich zügig lesen und doch habe ich es mehr etappenweise nebenher gelesen. Wenn die Aufsätze auch "innerlich zusammengehören" (so im Vorwort des Verfassers) habe ich nach manchen lieber pausiert, da sie doch eine gewisse Konzentration erforderten.

Viele der enthaltenen Texte, besonders die Kurzgeschichten "Im Jahre 1920" und "Der Europäer" halte ich aufgrund ihrer pointierten und zynischen Schreibweise für sehr gelungen und nicht selten habe ich mir Post-its an den Rand geklebt, um später die besten Passagen herauszuschreiben. Allerdings sind auch Texte vertreten, die mir persönlich zu übertrieben philosophisch waren oder Überzeugungen des Autors enthalten mit denen ich mich nicht anfreunden konnte. 

Fazit:


Besonders zu Beginn ein schöner Gedankenanreger, der sich sehr gut für kürzere, dafür aber nachdenkliche Leseeinheiten eignet.

Leseprobe:


"Geld war nichts, Macht war nichts. Man sah viele, die beides hatten und elend waren. Schönheit war nichts, man sah schöne Männer und Weiber, die bei aller Schönheit elend waren. Auch die Gesundheit wog nicht schwer; jeder war so gesund als er sich fühlte, mancher Kranke blühte bis kurz vor dem Ende vor Lebenslust, und mancher Gesunde welkte angstvoll in Furcht vor Leiden hin. Glück aber war überall da, wo ein Mensch starke Gefühle hatte und ihnen lebte, sie nicht vertrieb und vergewaltigte, sondern pflegte und genoß. Schönheit beglückte nicht den, der sie besaß, sondern den, der sie lieben und anbeten konnte."**


*Vgl Hermann Hesse: Sinclairs Notizbuch. Erzählungen und Betrachtungen, Mit Aquarellen des Verfassers 4.Ausgabe, Frankfurt am Main: Inselverlag 2000, S.1
**Ebd. S.83
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Titel: Sinclairs Notizbuch. Erzählungen und Betrachtungen
Autor: Hermann Hesse
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 136 Seiten

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